Sehr geehrter Herr Landrat van der Horst,
sehr geehrter Herr Erster Kreisbeigeordneter Frese,
sehr geehrte Fraktionsvorsitzende der im Kreistag vertretenen Parteien, sehr geehrte Abgeordnete des Kreisausschusses und des Kreistages, der Betriebsrat der Delta Waldeck-Frankenberg GmbH appelliert heute an Sie, den Beschluss zur Auflösung der DELTA zu überdenken und darüber nicht am 7.11.2025 abzustimmen, sondern noch einmal ausführlich in den Gremien zu beraten. Die Kolleginnen und Kollegen der DELTA haben sich über viele Monate hinweg ruhig verhalten, da sie nach mehreren Gesprächen mit dem Landkreis davon ausgingen, dass der soziale Charakter der DELTA auch nach einem Übergang zum Landkreis erhalten bliebe und die Arbeitsplätze durch den Landkreis gesichert würden. Aber nun stellt sich die Situation ganz anders dar.
Ein durch den Landkreis unterstützter Bildungsträger, der viele wichtige Aufgaben im Landkreis wahrnimmt, ist von erheblicher Bedeutung für den Landkreis Waldeck-Frankenberg, gerade in unsicheren Zeiten bezüglich sinkender Jobangebote und der immer noch schwierigen Aufgaben der Integration unterschiedlicher Menschen. Auch angesichts der bevorstehenden Kommunalwahlen sollten Sie den Beschluss überdenken. Wenn am sozialen Ast im Landkreis gesägt wird, erhöht es nur die Chancen von rechts-und linksextremen Parteien, denen sich dann die Bürgerinnen und Bürger am Ende zuwenden. Die DELTA war in allen Phasen ihres Bestehens ein verlässlicher Partner für den Landkreis. Die meisten von Ihnen werden sich noch an den ersten Flüchtlingsstrom 2015 erinnern, schnell organisierte die DELTA Sprachkurse und baute Welcomecenter auf, betrieb ein Flüchtlingscafé und sorgte ihrerseits für eine gelungene Integration vieler Geflüchteter, die heute im ersten Arbeitsmarkt aktiv sind. Viele langzeitarbeitslose Menschen konnten durch Kurse, die die DELTA gemeinsam mit den Jobcentern durchführt, ebenfalls auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Somit stellt die DELTA einen wichtigen sozialen Dreh-und Angelpunkt dar. Auch die Jobcenter im Landkreis fanden in uns immer einen
verlässlichen Partner und lobten uns, für unsere schnelle und unkomplizierte Art, Kurse zu beginnen, die für die Menschen wichtig waren. Selbst die Kinderbetreuung beim sogenannten Deutschsommer des Hessischen Kultusministeriums (Kinder mit Sprachschwierigkeiten werden in den ersten drei Wochen der Sommerferien sprachlich gefördert) organisierte die DELTA, da es der Fachdienst Schulen nicht bewerkstelligen konnte. Jeder von uns in Arbeit vermittelte Mensch erspart dem Landkreis erhebliche Kosten etwa, in Höhe des Bürgergeldes, der Leistungen nach dem AsylbLG und der Sozialhilfe, des Wohngeldes, Leistungen für Bildung und Teilhabe usw., die an anderer Stelle den Menschen im Landkreis zugutekommen. Dem bedingungslosen Einsatz des Geschäftsführers Herrn Heß und seinen Mitarbeitern ist es zu verdanken, dass die DELTA in allen Bereichen wertgeschätzt wird. Wenn Sie über die Kreisgrenzen hinausschauen, werden Sie feststellen, dass in anderen Landkreisen viel größere Defizite bei den kreiseigenen Bildungsträgern entstehen. Trotzdem werden sie politisch gehegt und gepflegt, weil den Abgeordneten und den Landräten bewusst ist, dass kreiseigene Bildungsträger unentbehrlich sind. Sehr geehrte Kreistagsabgeordnete, Sie sollen einen Vorratsbeschluss fassen, dessen Auswirkungen Ihnen wahrscheinlich gar nicht bewusst sind.
So sollen die etwa 250 SchulmitarbeiterInnen einen Vertrag beim Landkreis bekommen, die bisher bei der DELTA unter Vertrag stehen. Das ist mit erheblichen Kosten (300000 €, nach
Berechnungen des Kreises) für den LK verbunden. Die 44 Vollzeitstellen, die jetzt die Verwaltung für die Schulmitarbeiter errechnet hat, werden außerdem nach unseren Berechnungen kaum ausreichen, um alle Aufgaben, die jetzt im Bereich der Schulen bewältigt werden, ausreichend zu erfüllen. Daher werden auch die Eltern diesen Beschluss zu spüren bekommen, wenn Kinder am Nachmittag nicht mehr gefördert, sondern nur noch beaufsichtigt werden. Außerdem wurden über diesen Schritt bisher nicht einmal die Schulleiter informiert, geschweige denn angehört. Zudem steigt die Umlage der Städte und Gemeinden für die Schulen und die BürgerInnen tragen die Kosten.
Ähnlich verhält es sich mit dem Betriebsteil TERRA der DELTA, der u.a. für die Städte und Gemeinden den Riesenbärenklau bekämpft. Auch dort ist die DELTA ein verlässlicher Partner. Doch auch für diesen Betriebsteil sind von der Verwaltung Ideen mit heißer Nadel gestrickt worden. So sollte TERRA in den Landschaftspflegeverband übergehen, obwohl der keine eigenen
Mitarbeiter einstellen kann.
Auch würden viele Kurse für langzeitarbeitslose Menschen wegfallen, die gemeinsam von JC und AQB-Mitteln des Landkreises finanziert wurden, da der Landkreis weder zertifiziert
ist noch an vielen Stellen eigene Kurse durchführen kann.
Weiter ist unklar, ob die Städte Korbach und Bad Arolsen die Sozialcafés der DELTA (Mahlzeit und Waschcafé) weiterführen werden, in denen Menschen – zum Teil mit erheblichen
Einschränkungen – in Arbeitsgelegenheiten einem sinnvollen Job für sich nachgehen und dadurch teilweise ebenfalls in Arbeit vermittelt werden.
Darüber hinaus ist die DELTA im Bereich der Jugendarbeit mit den Projekten Jump/overcome aktiv. Hier geben die KollegInnen alles, um Jugendliche ohne Perspektiven in Ausbildung/Arbeit zu vermitteln. Mit Ihrem Beschluss würden Sie demnach Jugendliche, die nicht mehr schulisch aufgefangen werden können, ohne Perspektive zurücklassen. Auch bereits begonnene Aufgaben mit Jugendlichen würden abgebrochen.
Am Ende soll ein Defizit der gesamten DELTA von 150.000€ dazu führen, das Perspektiven nicht mehr ermöglicht werden. Allerdings müsste man einmal den Fehlbetrag der DELTA mit den
entstehenden sozialen Kosten verrechnen.
Außerdem hieß es zunächst, dass alle KollegInnen von Jump/overcome in den Landkreis integriert würden, nach jetzigem Stand wird jedoch nur noch eine einzige Koordinatorenstelle geschaffen. Wie soll es für die übrigen Kolleginnen weitergehen?
Schließlich werden etliche KollegInnen ihre Arbeit bei der DELTA verlieren, die im Bereich der Sprachkurse beschäftigt sind. Ihnen wurde z.B. vom Landkreis angeboten, Integrationskurse bei der VHS durchzuführen. Nun äußerte sich die VHS bei Bewerbungsgesprächen von KollegInnen dahingehend, dass sie wegen verwaltungstechnischer und räumlicher Probleme gar keine
zusätzlichen Kurse anbieten könne.
Ich möchte Sie bitten, die Entscheidung noch einmal zu überdenken und die mögliche Auflösung der DELTA nochmals in allen Gremien zu beraten! Letztlich stellt sich die Frage, ob die von uns berechneten ca. 2 Mio. Euro, die die Auflösung der DELTA kosten dürfte (z.B. Abfindungen, höhere Gehälter der Schulmitarbeiterinnen…), angesichts des zu erwartenden sozialen Schadens in einem angemessenen Verhältnis steht.
Gerne würde ich auch als Gast an ihren Fraktionssitzungen teilnehmen und genauer mit Ihnen alle Probleme erörtern, denn dieser offene Brief kann selbstverständlich nicht alle Gesichtspunkte beinhalten. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit beim Lesen des Briefes und appelliere an Sie, diesen „Vorratsbeschluss“ abzulehnen bzw. in die Kreisgremien zurückzuüberweisen.
Für die KollegInnen und Kollegen, den Betriebsrat und vor allem die Menschen im Landkreis, die einen sozialen Bildungsträger benötigen!
gez. Ingo Hoppmann
Betriebsratsvorsitzender
Offener Brief – Betreff: Auflösung der DELTA Waldeck-Frankenberg GmbH

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